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ADMIN

Licht-Tänze

Hallo Gabi,

es ist nicht ganz einfach, bei den Bedingungen, die Du schilderst, scharf zu stellen. Raureif und Sonne, das ergibt starke Lichtpunkte, Spitzlichter, die im Objektivtubus und vor allem auf den Linsen stark gebrochen werden. Dies kann zum einen das Scharfstellen sehr erschweren und zum anderen den Schärfeeindruck der Fotos beeinflussen.

Senioren können eigenwillig sein

Wir fotografieren hier mit jahrzehntealten Linsen – also mit einer Optik, die einem sehr frühen Entwicklungsstand entspricht. Teilweise wurden solche Linsen früher vergütet, teilweise nicht. Wenn sie vergütet wurden, sind diese Vergütungen nicht vergleichbar mit den heutigen, hier hat sich sehr viel in der Entwicklung getan. Und selbst, wenn die alten Linsen für damalige Verhältnisse hervorragend vergütet wurden, ist von dieser Vergütung heute in den meisten Fällen kaum noch etwas übrig. Entweder ist die Wirkung völlig verloren gegangen oder, was noch "interessanter" ist, sie ist in unterschiedlicher Ausprägung auf der Linse vorhanden. Dann wird´s richtig spannend...

Extreme Bedingungen

Nun trifft auf diese Glasflächen das heftigste Licht, das es gibt: Reflexlichter einer kräftigen Sonne in Eiskristallen, spitz wie Laserstrahlen, hell wie die Sonne selbst. Sie überstrahlen bereits von sich aus. Die Luft-Glasflächen der Linsen erzeugen zusätzlich Streuungen, starke Flares und heftigste Überstrahlungen.

Da ist es ganz natürlich, dass sowohl die Scharfstellung selbst eine Herausforderung wird (schließlich schaust Du beim Scharfstellen durch diese lichtdurchfluteten Gläser) als auch die Schärfewiedergabe auf dem Sensor.

Gabi, Du hast alles richtig gemacht. Die Fotos sind, ich habe sie genau betrachtet, scharf – so scharf, wie sie bei den gegebenen Bedingungen sein können. Die Eigendynamik des Lichts bei diesen alten Schätzen muss hierbei berücksichtigt werden.

Alte Objektivberechnungen, moderne Sensoren, Licht und eine geschickte Makronistinnen-Hand – das ist der Cocktail für hochgradige Kreativfotos.

Du wirst noch oft erleben, dass diese Objektive, auch das Trioplan, nicht immer gleich arbeiten. Du machst tagelang solide, einschätzbare Fotos mit einem Vintage-Objektiv. Und plötzlich liegen andere Lichtbedingungen vor. Dieses andere Licht spielt im Objektiv sein eigenes Spiel, führt in seinem Tubus plötzlich einen ganz individuellen Tanz durch – was zu völlig eigenen, Dir vielleicht bisher unbekannten Abbildungsergebnissen führt. Für solche besonderen Lichtsituationen sind viele alte Vintage-Objektive bereitwillig anfällig – so auch das Trioplan. Das macht die Vintage-Fotografie so reizvoll.

Also: Experimentiere weiter, scheue hierbei keine auch noch so extravagante oder extreme Lichtsituation. Lasse Deinem Objektiv lockere Zügel, lasse im Freiraum – den Freiraum, den es braucht, um mit dem Licht nach seinen eigenen Regeln zu spielen. Lasse Dich von Deinem Objektiv führen, ähnlich wie beim Tanz zweier Menschen. Und Du wirst fasziniert sein von dem, was aus dieser Verbindung zwischen Objektiv und Dir herauskommt... :-).

Lieber Gruß,

Roland

PS: Wir werden hier bei Makrotreff noch viele solche Beispiele sehen. Das macht richtig Spaß!

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