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ADMIN

Tolles Motiv!

Hallo goriw,

herzlich willkommen bei Makrotreff!

Eine sehr interessante Situation, die Du da fotografiert hast – und eine sehr schwierig zu fotografierende! Mehrere Insekten zusammen auf einem Bild abzulichten – egal in welcher Konstellation und bei welcher Tätigkeit – stellt eine hohe makrofotografische Anforderung dar. Gehen wir es einzeln durch:

Perspektive

Die Perspektive ist niedrig, was an sich sehr gut ist, da sie Augenhöhe schafft. Außerdem entsteht dadurch eine attraktive Bildtiefe, da der Hintergrund mit auf´s Bild kommt.

Allerdings ist dieser hier besonders: Er ist uni beige – außergewöhnlich in der Natur. Ich vermute mal, es handelt sich um den von Dir weiter oben im Thread erwähnten Stein(haufen). Dies erkennt jedoch der Bildbetrachter nicht, auf ihn wirkt erst einmal die ungewöhnliche Farbe.

LÖSUNG:
Häufig bewegt sich eine fressende Raubwanze mit ihrer Beute, zieht sie sogar oft durch die Gegend. Dabei mit der Kamera "mit ziehen" in der Hoffnung, dass sich irgendwann ein alternativer Hintergrund ergibt.

Schärfentiefe

Das Hauptmotiv besteht aus dem Jäger und seiner Beute. Dadurch entsteht eine der oben angesprochenen Hauptschwierigkeiten beim Fotografieren: Beides sollte möglichst in die Schärfeebene.

Das Foto hat die Schärfentiefe der Blende 6.3. Sie reicht bei dem von Dir gewählten Abbildungsmaßstab nicht aus, um alleine die Raubwanze durchgängig in der seitlichen Draufsicht scharf abzubilden; die vorspringenden Partien des Halsschilds und des Hinterleibs liegen vor der Schärfeebene – und sind somit unscharf.
Nun kann man sagen, das sei nicht schlimm. Aber insbesondere beim Halsschild wird deutlich, dass sich ein größerer unscharfer Bereich dem Betrachterblick entgegen drängt. Das ist ungünstig. Bei größerer Vergrößerung wirken die unscharfen Bereiche des Hinterleibs entsprechend.

Zusätzlich für die Beute reicht die Schärfentiefe der Blende 6.3 bei diesem Abbildungsmaßstab gar nicht mehr aus. Ihr Kopf liegt weit vor der Ebene, der Hinterleib ebenso weit dahinter. Scharf sind ein Fühler und ein Bein.

LÖSUNG:
Es muss mehr Schärfentiefe her! Wie gesagt, das ist insbesondere ein wichtiges und schwieriges Thema, wenn mehrere Tiere gleichzeitig auf dem Bild sind. Hier muss man immer prüfen, wie diejenigen wirken, die sich nicht in der Schärfeebene befinden. Sind sie so weit davor oder dahinter, dass ihre unscharfe Darstellung nicht stört, bestenfalls sogar attraktiv ist? Oder zeigen sie sich als unscharfer Fleck, der das Betrachterauge anzieht, aber nicht befriedigt?

Beim Motiv oben bestehen folgende Möglichkeiten, die Schärfentiefe zu erhöhen:

  • Weiteres Schließen der Blende bis auf 11 bis 16.
    Hier in dem Fall eher ungünstig, da wenig Licht herrschte und jetzt bereits der ISO-Wert bei 1600 liegt.
     
  • Verkleinerung des Abbildungsmaßstabs.
    Dies wäre hier die bessere Lösung. Es gilt die Regel:

    Mit der Reduktion des ABM vergrößerst Du automatisch die Schärfentiefe bei ansonsten gleichbleibenden fotographischen Parameter (z.B. Blende).

    Wenn Du weiter mit der Kamera zurück gehst, werden Jäger + Beute zwar kleiner abgebildet, dafür aber gegebenenfalls komplett scharf. Hier wirken bereits kleine Unterschiede deutlich. In diesem Fall ist es dann besser, hinterher vielleicht 10% des Bildes zu beschneiden, als von vornherein so nah ran zu gehen und dadurch eine zu geringe Schärfeebene zu erhalten. Dies ist eine Frage des Kompromisses – wie so oft bei der Fotografie :-).

Licht

Wie bereits erwähnt, herrschten bei der Erstellung des Fotos eher schlechte Lichtverhältnisse; es war anscheinend recht dunkel. Dies zeigt sich auch im Licht auf dem Hauptmotiv. Insbesondere die Körperunterseiten sind recht dunkel, die schwarzen Partien saufen teilweise nach unten ab. Dies wird insbesondere durch den großen Abbildungsmaßstab deutlich sichtbar.

LÖSUNG:
Nun sind wir bei einem sehr grundlegenden Aspekt der Makrofotografie angekommen, der Beleuchtung. Tiere, auch Kleintiere wie Insekten, werfen fast immer einen Schatten unter ihren Körper. Es ist die eigene Beschattung, die dadurch entsteht, dass in der Natur der Himmel und/oder die Sonne oben sind. Je näher man an das Motiv herangeht, je größer man es also fotografiert, desto deutlicher werden diese Schatten sichtbar. Das Ganze verstärkt sich noch durch ohnehin eher düstere Lichtverhältnisse.

Es muss also Licht unter den Körper/die Körper. Dies kann man entweder mittels eines Reflektors machen – was aber insbesondere bei sich bewegenden Insekten recht kompliziert werden kann. Oder man arbeitet mit Blitzlicht. Das ist einer der Hauptgründe, warum Blitzlicht bei der Makrofotografie oft sehr sinnvoll bis sogar alternativlos ist. Viele Makronisten mögen Blitzlicht hier zwar nicht so gerne, das resultiert aber in der Regel aus einer ungünstigen bis falschen Handhabung.

Egal wie, irgendwie müssen die Schatten aufgehellt werden. Ich arbeite in solchen Fällen sehr gerne mit Zangenblitzen – also mit Blitzgeräten in Zangenstellung, mit denen ich die Schatten aufhelle, nicht aber beseitige. Denn (leichte) Schatten sind in der Natur überall vorhanden und damit normal. Fehlen sie, wirkt ein Foto für uns sehr schnell fad, kalt und künstlich. Hier kommt bereits raus, dass das Thema Blitzlicht in der Makrofotografie ein recht großes und insbesondere ein sehr wichtiges ist.

So, nun habe ich eine Menge Wenn und Abers geschrieben. Das alles soll und darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Dir hier ein gutes Foto einer sehr interessanten Situation gelungen ist. Meine Ansätze gehen nur dahin, es noch ein bisschen besser zu machen, als es ohnehin schon ist :-).

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht",

Roland

 

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